Zwei Drittel sehen ihn nicht als Bestandteil des Landes
Köln – Die Ablehnung ist so groß wie niemals zuvor: Für zwei Drittel der Bundesbürger gehört der Islam nicht zu Deutschland. Ein Historiker sieht das ganz anders.
Für knapp zwei Drittel der Bundesbürger gehört der Islam nicht zu Deutschland. 34 Prozent der Befragten sehen das anders, wie eine am Donnerstag veröffentlichte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap ergab. Als im Jahr 2010 der damalige Bundespräsident Christian Wulff gesagt hatte, der Islam gehöre zu Deutschland, war die Zustimmung deutlich größer: Dieser Aussage stimmten damals noch 49 Prozent der Befragten zu, 47 Prozent lehnten sie ab.
Laut Umfrage ist die Skepsis bei FDP- und AfD-Anhängern besonders groß. 76 Prozent der FDP-Anhänger finden, dass diese Religion nicht zu Deutschland gehört – bei den AfD-Anhängern sind es 94 Prozent. Die Skepsis nimmt mit steigendem Alter zu: Die über 64-Jährigen sind zu 71 Prozent nicht mit der Aussage Wulffs einverstanden.
Islam gehört zu Deutschland – aus historischer Perspektive
Eine Mehrheit der Befragten zeigt sich außerdem enttäuscht von den etablierten Parteien. 58 Prozent finden, diese kümmerten sich nicht ausreichend darum, dass Sorgen und Bedenken gegenüber dem radikalen Islam ernst genommen würden. 38 Prozent äußerten sich zufrieden. Dass angesichts des Flüchtlingszuzugs der Einfluss des Islam hierzulande zu stark wird, befürchten 52 Prozent der Deutschen. 44 Prozent befürchten zudem, dass die Zuwanderung das Zusammenleben zu stark verändern werde – mehr als jeder Zweite ist anderer Meinung.
Unterdessen erklärte der renommierte Berliner Mittelalterhistoriker Michael Borgolte, der Islam gehöre aus historischer Perspektive zu den Fundamenten europäischer und deutscher Kultur. „Ohne die Vermittlung antiker Kulturgüter durch Muslime und übrigens auch Juden hätte es den Aufstieg des europäischen Westens seit dem hohen Mittelalter nicht gegeben.“ Er verwies darauf, dass muslimische Gelehrte im Mittelalter wesentlich dazu beigetragen hätten, das Wissen über griechische Philosophie und Naturwissenschaften zu erhalten und ins lateinische Europa zu übertragen.