Die Familie ist 2009 aus Eritrea in die Schweiz gekommen – zuerst die Mutter mit ihrer damals einjährigen Tochter. Sie erhielten den Flüchtlingsstatus. 2010 folgte ihre Ehemann. Kurz darauf bezogen sie Sozialhilfegelder, wie die «Weltwoche» schreibt. 2011 und 2013 kamen ausserdem zwei weitere Kinder hinzu.
Nun möchten sie gemeinsam Ferien machen. Seitens der Stadt Winterthur wurde die Abwesenheit bewilligt, wie aus einem Brief der Sozialen Dienste zu entnehmen ist. Im Dezember 2015 schrieb die zuständige Sozialarbeiterin ein «Beitragsgesuch» an mehrere lokale Stiftungen und Organisationen. Das Ziel des Briefes ist laut «Weltwoche» die Finanzierung der Flugtickets für die Sommerferien der Familie 2016 im Sudan.
2800 Franken für Ferien gefordert
Die Flugkosten von über 3400 Franken seien jedoch seitens der eritreischen Familie nicht allein zu stemmen, heisst es im Brief. Auch wenn die Stadt Winterthur und somit der Steuerzahler die drei Kinder mit einem Betrag von 400 Franken unterstützten, würde das allein nicht ausreichen. Dies als «situationsbedingte Leistung» gemäss Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos).
Zudem steuert die Familie gemäss dem Brief eine «Eigenbeteiligung» von 200 Franken bei. Unter dem Strich fehlten nach wie vor 2800 Franken. «Damit sich die Familie eine Auszeit in den Sommerferien 2016 gönnen und durch den Familienbesuch wieder neue Motivation tanken kann, bitten wir um Übernahme der Kosten für fünf Flugtickets», schreibt die Sozialarbeiterin. Kontonummer und Einzahlungsschein wurden ebenfalls mitgeliefert.
Verlust des Aufenthaltsrechts?
Die Familie bemühe sich sehr, sich in der Schweiz zu integrieren, so die Begründung des Antrags. So sei der Vater etwa im dritten Lehrjahr als Strassentransportfachmann und die Mutter besuche einen Intensiv-Deutschkurs. Jedoch hätte sie diesen unterbrechen müssen aufgrund ihrer «Betreuungspflichten» gegenüber den drei Kleinkindern.
Im Allgemeinen seien die letzten drei Jahre für die Familie sehr anstrengend gewesen. Da der Vater im Sommer seine Lehre abschliesse, würde man gerne die Familie in Afrika besuchen. Jedoch nicht in Eritrea, sondern im Sudan, wie es heisst.
Kein Einzelfall
Warum Sudan? Gegenüber der «Weltwoche» verweist die Stadt Winterthur auf ihre gesetzlichen Grundlagen. Denn der Aufenthalt von Flüchtlingen oder vorläufig Aufgenommenen in ihrem Heimatland führe zum Verlust des Aufenthaltsrechts in der Schweiz. Auf die Frage, ob es nicht möglich sei, dass die Eritreer vom Sudan aus ihr benachbartes Heimatland besuchen, heisst es, dass man die Bewilligungen für die Aus- und Einreisen aus der Schweiz kontrolliere.
Dieter P. Wirth, Leiter der Sozialen Dienste, bestätigt gegenüber 20 Minuten, dass in begründeten Einzelfällen solche Gesuche für Ferien verschickt werden: «2015 wurden für fünf Familien Gesuche an Stiftungen und Fonds für die Unterstützung von Ferien im Ausland und der Schweiz gestellt.» Dies bei insgesamt 3500 Sozialhilfefällen: «Die Gesuche stammten in zwei Fällen von Schweizern und in drei Fällen von Ausländern.»
Die Gesuche bei Hilfswerken umfassen insgesamt 8500 Franken und die Stadt Winterthur würde im Rahmen der Sozialhilfe 1300 Franken dazugegeben. «Bei Working-Poor-Familien bestehen positive Effekte, wenn sie ihren belastenden Alltag einmal für kurze Zeit zurück lassen können», begründet Wirth das Engagement.
(rad)