Deutschland könne es sich nicht leisten, Flüchtlinge abzulehnen, meint Josef Schuster, Chef des Zentralrates der Juden. Es habe Unheil über andere gebracht und stehe bei vielen Ländern in der Schuld.
Deutschland ist nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, „das letzte Land, dass es sich leisten kann, Flüchtlinge und Verfolgte abzulehnen“. Es habe so viel Unheil über die Welt gebracht und stehe bei so vielen Ländern tief in der Schuld, sagte er am Sonntag bei der Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau am 29. April 1945.
Wenn heute wieder einige Bürger gegen Flüchtlinge hetzten oder abwertend über Juden sprächen, frage er sich schon, wie sehr die grundgesetzlich geschützte Würde des Menschen „eigentlich noch in den Köpfen verankert“ sei.
Die Häftlinge von Dachau hätten gewusst, wie schnell die menschliche Zivilisation in Trümmern liegen kann, betonte Schuster: „Wie aus einem angeblichen Kulturvolk ein Volk der Barbaren wurde.“ Grundlegende Werte wie Toleranz und Respekt, Demut und Verantwortung müssten immer wieder neu eingeübt und verteidigt werden.
Scharfe Worte gegen Auftritt von Geert Wilders
„Wenn ich sehe, dass in Dresden immerhin 10.000 Menschen einem Islamhasser und Rechtspopulisten wie Geert Wilders zujubeln, wird mir übel“, sagte der Würzburger Mediziner. Steigende Flüchtlingszahlen und islamistischer Terrorismus seien „kein Grund, ein christlich-jüdisches Abendland ohne Muslime zu proklamieren“ oder Politikern mit Mord zu drohen.
Schuster sagte, dass die Erinnerungen der Überlebenden des Holocaust „heute kostbarer denn je“ seien. Das Geschehen rücke in immer weitere Ferne, für viele junge Menschen seien der NS-Terror und die Schoa „nur noch geschichtliche Daten“ ohne persönlichen Bezug: „Die Distanz wächst, und die Empathie sinkt – nicht jedoch, wenn man diesen Ort betritt.“
Deshalb sollte der Besuch einer KZ-Gedenkstätte für alle Mittelstufen-Schüler verpflichtend sein. Er hoffe, dass sein Vorschlag dazu vom bayerischen Landtag nochmals wohlwollend geprüft werde. An der Gedenkfeier nahmen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teil. Das KZ Dachau wurde am 22. März 1933 errichtet. In Dachau und den zahlreichen Außenlagern waren rund 200.000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert, mindestens 43.000 wurden ermordet.
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