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Apr 23

21-Jähriger Syrer hat die Vergewaltigung geplant: Keine Bewährung

Symbolbild

Idar-Oberstein. Zwei Jahre und drei Monate muss ein junger Syrer, der seit einem Jahr und drei Monaten in Idar-Oberstein lebt, ins Gefängnis. Das Schöffengericht Idar-Oberstein verurteilte den 21-Jährigen wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung. Was Richter Johannes Pfeifer beim Urteilsspruch, der fast in vollem Umfang der Empfehlung der Staatsanwaltschaft nachkam, ganz wichtig war: „Dass es sich hier um einen Flüchtling handelt, ist völlig unerheblich.“ Er habe auch schon Ur-Idar-Obersteiner in solchen Fällen verurteilt.

Der Bad Kreuznacher Staatsanwalt Claus Nils Leimbrock verlas die Anklage: Am 1. November 2017 habe sich der Angeklagte gegen 3.30 Uhr durch ein Fenster Zutritt in eine Wohnung in Oberstein verschafft. Dort habe sein späteres Opfer gerade einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit einem jungen Mann (dem Cousin des Angeklagten) gehabt.

Als die beiden fertig gewesen seien, habe er sich auf die nackte, auf dem Bett liegende junge Frau gestürzt, gegen ihren Willen zwei Finger in ihre Vagina eingeführt und sie dabei gekratzt.

Die Frau habe sich intensiv gewehrt.

Der Cousin habe gedroht, die Polizei zu rufen. Da habe er von der Frau abgelassen. Laut Berichten der Frau und des Cousins sei zudem ein weiterer Mann mit dem Angeklagten, dessen Großfamilie ebenfalls in Idar-Oberstein lebt, in die Wohnung eingestiegen.

Geschrien, aber nicht gewehrt?

Direkt zu Prozessbeginn gab Verteidiger Martin Thomas an, sein Mandant sei geständig. Via Übersetzer betonte der Syrer denn auch, die Tat tue ihm leid, er schäme sich, bereue sein Handeln. Ursache für sein unverständliches Verhalten sei hoher Alkoholkonsum an diesem Abend gewesen. Der junge Mann gab an, mit seinem Cousin und anderen erst in einer Shisha-Bar, später in einer Diskothek und dann noch in einer Kneipe gewesen zu sein. Er sei der jungen Frau und seinem Cousin mit gewissem Abstand gefolgt: mit dem Ziel, mit der jungen Frau Sex zu haben. Er sei durch die angelehnte Tür des Mehrfamilienhauses reingekommen und habe sich durch die ebenfalls angelehnte Wohnungstür Zutritt verschafft. Außerdem sei er allein unterwegs und völlig betrunken gewesen. Gewehrt habe sich die Frau nicht direkt: Sie habe lediglich geschrien.

Zu seinem Lebenslauf sagte er: Einen Deutschkurs habe er zwar noch nicht besucht, aber er arbeite und habe Ziele – zum Beispiel, eine Shisha-Bar zu eröffnen. „Eine echte Marktlücke“, kommentierte Leimbrock ironisch. Pfeifer fragte nach: „Was würden Sie denken, und wie würden Sie reagieren, wenn diese junge Frau Ihre Schwester gewesen wäre und ein anderer Mann das getan hätte?“ Darauf erhielt der Richter keine Antwort.

War damit der Fall erledigt und eine Bewährungsstrafe so gut wie sicher? Keineswegs. Rechtsanwältin Ruth Streit-Stefano Espósito, die die Nebenklage des Opfers vertrat, wollte es genauer wissen: So berichtete sie von SMS, die ihre Mandantin erhalten habe. Von der Freundin des Angeklagten, die dem Opfer Rufmord unterstelle. Auch soll der Vater des Angeklagten der 18-Jährigen angeblich Geld geboten haben, damit diese die Anzeige zurückzieht.

Opfer: Denke jeden Tag daran

Der Angeklagte, der in seiner syrischen Heimat aufs Abitur zusteuerte, räumte dann doch noch ein, dass er in Begleitung eines Mannes gewesen sei, den er zufällig getroffen und mitgenommen habe. Der habe aber nicht agiert. Für die Nebenklage dennoch wichtig: Die Situation müsse die junge Frau extrem verängstigt haben. Sie habe damit rechnen müssen, dass auch der zweite Mann aktiv werde.

Die junge Frau gab unter Tränen an, dass sie die Tat „zutiefst schockiert“ habe, sie jeden Tag an das Erlebte denken müsse. Sie nimmt psychologische Hilfe in Anspruch. Sie selbst habe im Übrigen nicht wahrgenommen, dass der Angeklagte stark alkoholisiert gewesen sei. Seitdem der Syrer in Idar-Oberstein lebt, ist er bereits zweimal mit dem Gesetz in Konflikt geraten: wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Urkundenfälschung.

Der Staatsanwalt forderte eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren und betonte ebenso wie die Nebenklage: Bezüglich der offenen Türen lüge der Angeklagte. Er sei durchs Fenster eingestiegen.

Man müsse sich fragen, was dieses Geständnis mit Blick auf zwei Belastungszeugen und auf den späten Zeitpunkt des Einräumens der Vorwürfe überhaupt wert sei. Das Geständnis sei lediglich eine taktische Maßnahme, um den eigenen Kopf zu retten, zeigte sich Ruth Streit-Stefano Espósito überzeugt. Zudem sei es keine spontane, sondern eine geplante Tat gewesen. Eine schwerwiegende Folge davon: Das Opfer sehe seine Sexualität plötzlich öffentlich zur Schau gestellt, berichtete sie.

Der Verteidiger forderte eine Strafe zur Bewährung. Man solle dem jungen Mann, der als Flüchtling eine besondere Tragik mitbringe und in vollem Umfang geständig sei, eine zweite Chance geben. Zumal Aussagen der Nebenklage und der Staatsanwaltschaft eher spekulativ seien.

Pfeifer stellte in seiner Urteilsbegründung klar: Früher hätte man wohl noch gesagt, dass sich die junge Frau selbst in diese Situation gebracht habe: „Zum Glück ist das heute nicht mehr so. Es geht hier eindeutig um sexuelle Selbstbestimmung.“

Quelle: Rhein-Zeitung

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