Bei einem Anti-Terror-Einsatz am Samstag in einem Flüchtlingsheim in Borsdorf bei Leipzig ist ein etwa 25-jähriger Asylbewerber festgenommen worden. Der Marokkaner soll einen Anschlag in Berlin geplant haben – und auch für eine Bombendrohung im Februar verantwortlich sein.
Borsdorf/Leipzig. Die sächsischen Sicherheitsbehörden haben möglicherweise einen geplanten Anschlag in Berlin im letzten Moment verhindert. Bei einem Anti-Terror-Einsatz am Samstagmorgen in einem Flüchtlingsheim in Borsdorf (Kreis Leipzig) nahmen Spezialeinsatzkräfte einen unter Terrorverdacht stehenden Bewohner fest. Nach Informationen der LVZ soll der Festgenommene ein etwa 25-jähriger Marokkaner sein, der am Samstag eine Gewalttat in der Hauptstadt verüben wollte. Der Nordafrikaner stehe unter dem Verdacht, eine schwere staatsgefährdete Straftat vorbereitet zu haben, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag gegenüber LVZ.de – ohne Details zu bestätigen.
Das sächsische Landeskriminalamt (LKA) hatte nach eigenen Angaben bereits am Freitagabend „Hinweise auf eine mögliche geplante Straftat und deren Ausführenden“ erhalten. Noch in der Nacht zum Samstag wurde bei der Polizeidirektion Leipzig deshalb eine Sondereinheit gebildet, die den Fall übernahm. „In den frühen Morgenstunden konnte der Tatverdächtige durch Spezialkräfte des Landeskriminalamtes festgenommen werden“, berichtete LKA-Sprecher Tom Bernhardt. Zu Zwischenfällen kam es bei dem Einsatz laut LKA nicht.
Verdächtiger soll auch für Bombendrohung verantwortlich sein
Wie aus informierten Kreisen verlautet, soll es sich bei dem Festgenommenen um denselben jungen Mann handeln, der am 8. Februar mit einer Bombendrohung einen Polizeigroßeinsatz am Bildungs- und Technologiezentrum in Borsdorf ausgelöst hatte. Offenbar war er es, der zwei Schüler vor dem Gebäude gegen 8.15 Uhr angesprochen und diese gewarnt hatte, in die Schule zu gehen, weil sich in seinem Rucksack eine Bombe befinde. Die Schüler informierten daraufhin die Schulleitung, die das Gelände räumen ließ. Beschrieben wurde der Unbekannte als südländischer, etwa 1,80 Meter großer Typ zwischen 30 und 35 Jahren, mit dunklen Haaren und dunklem Bart. Die Polizei fand damals weder den Tatverdächtigen noch Sprengstoff.
Der Anti-Terror-Einsatz in der Nacht zum Samstag riss Bewohner der 8000-Einwohner-Gemeinde aus dem Schlaf. Laut Augenzeugenberichten rückte die Polizei gegen drei Uhr mit einem Großaufgebot vor der Containerunterkunft für Asylbewerber in der Leipziger Straße an. Die Straße wurde teilweise gesperrt. Die Polizei hielt sich zunächst bedeckt. Sprecher Alexander Bertram ließ wissen: „Es besteht keine Gefahr für die Öffentlichkeit.“ Erst am Nachmittag äußerte sich das LKA zu den Hintergründen. Einzelheiten zur geplanten Tat und wie weit fortgeschritten die Pläne bereits waren, blieben auch am Sonntag offen. Erst im Laufe der kommenden Woche will sich die Staatsanwaltschaft Leipzig dazu äußern. Ob der Mann bereits einem Haftrichter vorgeführt wurde, war am Sonntagmittag noch unklar. Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz sagte am Sonntag gegeüber LVZ.de lediglich, dass der Tatverdächtige „sich derzeit nicht auf freiem Fuß befindet“. Dies werde auch bis mindestens Montag so bleiben.
Bürgermeister: „Genugtuung, dass solche Leute gefasst werden“
Borsdorfs Bürgermeister Ludwig Martin (CDU) erfuhr von dem Polizeieinsatz in Italien, wohin ihn und andere Vertreter seiner Kreistagsfraktion die CDU-Partnerfraktion des Bodenseekreises eingeladen hatte. „Am Montag bin ich zurück in Borsdorf und werde mir einen Überblick verschaffen“, kündigte er an. Auch nach seiner Kenntnis handelt es sich bei dem Festgenommenen um jenen Mann, der für die Bombendrohung am 4. Februar im Bildungs- und Technologiezentrum verantwortlich gemacht wird. „Das kann ich zwar noch nicht verifizieren. Aber wenn dem so ist, empfinde ich Genugtuung, dass solche Leute gefasst werden“, sagte er. „Ich danke der Polizei, die schon damals gute Arbeit geleistet hat.“
Die Gemeinschaftsunterkunft in der Leipziger Straße hat nach Angaben der Gemeinde eine Kapazität für bis zu 120 Asylbewerber, war zuletzt aber nicht voll belegt. In Borsdorf befindet sich seit Ende Januar zudem eine Einrichtung für minderjährige Asylbewerber, in der zuletzt etwa 20 Flüchtlinge untergebracht waren.
Die Flüchtlingsunterkunft, so Bürgermeister Martin, stehe für ihn wegen des Vorfalls nicht in Frage. „Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun“, erklärte er. „Es gibt bei den Ausländern und bei Deutschen Kriminelle.“ Die Asylbewerber würden in Borsdorf sehr gut durch die Kirche, Vereine und Einzelpersonen betreut. „Kinder gehen in unsere kommunale Kita in Panitzsch. Wir wollen Hilfe geben, wo sie nötig ist“, betonte der Bürgermeister.