Verteidigungsministerin von der Leyen nimmt den Fall rechtsextremer Bundeswehroffiziere zum Anlass für einen Schnitt bei der Pflege des Wehrmachterbes. Sie möchte die letzten Kasernen umbenennen, die nach Wehrmachtsoffizieren benannt sind. Die SPD fordert, Soldaten mit rechtsextremer Gesinnung auszumustern. Andererseits ist laut Militärischem Abschirmdienst (MAD) die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle in der Truppe stark gesunken.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will Kasernen mit Namen von Wehrmachtsoffizieren umbenennen lassen. Die CDU-Politikerin sagte der „Bild am Sonntag“: „Ich finde, die Bundeswehr muss nach innen und außen klar signalisieren, dass sie nicht in der Tradition der Wehrmacht steht.“
Die Bundeswehr sollte ihre eigene 60-jährige Geschichte selbstbewusst in den Vordergrund stellen, sagte von der Leyen. Die Debatte dazu müsse angesichts der aktuellen Ereignisse neu geführt werden und dazu gehörten auch die Kasernennamen. In einigen umstrittenen Fällen habe die Bundeswehr schon länger die Initiative ergriffen, sei aber zum Teil auf Widerstand vor Ort gestoßen.
Beispiele sind etwa die Lent-Kaserne in Niedersachsen, die nach Oberst Helmut Lent benannt wurde, einem Piloten der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg sowie die Rommel-Kaserne in Nordrhein-Westfalen, die den Generalfeldmarschall der Wehrmacht, Erwin Rommel, ehrt.
Franco A. als Anlass für Kehraus
Mit Blick auf den Fall um den rechtsextremen und terrorverdächtigen Offizier Franco A. lässt von der Leyen derzeit alle Kasernen nach Wehrmachts-Erinnerungsstücken wie Stahlhelmen oder Gewehren durchsuchen.
Sie will auch ein neues Programm „Innere Führung heute“ auflegen und den sogenannten Traditionserlass von 1982 überarbeiten, ein umstrittenes Regelwerk zum Umgang der Bundeswehr mit ihren historischen Ursprüngen.
SPD: Rechtsextremisten konsequent ausmustern
Die SPD verlangte vom Verteidigungsministerium ein schärferes Vorgehen gegen Rechtsextremisten in der Bundeswehr. Verteidigungspolitiker Rainer Arnold sagte der „Welt am Sonntag“: „Es ist eine Anweisung der Ministerin nötig, dass Soldaten mit rechtsextremem Gedankengut grundsätzlich aus der Bundeswehr entlassen werden müssen“.
Geldstrafen reichten nicht, weil sie nicht die Einstellung änderten. Außerdem forderte Arnold, Verdächtigte länger zu beobachten.
Bild von Helmut Schmidt entfernt
Zugleich kam von der SPD Kritik, weil im Rahmen von Durchsuchungen in Kasernen nach Wehrmachts-Erinnerungen auch ein Bild von Altkanzler Helmut Schmidt aus dem Flur eines Studentenwohnheims der Bundeswehr-Hochschule in Hamburg entfernt wurde. Das Bild zeigt ihn in Wehrmachtsuniform.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs nannte dies „absurd und abwegig“, da Schmidt nie etwas mit rechtsradikalen Tendenzen zu tun gehabt habe. Kahrs forderte in der „Welt am Sonntag“ mehr „geistige Trennschärfe“.
Wehrbeauftragter beklagt schlechte Stimmung
Auch der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, kritisierte von der Leyens Kurs: „Die Probleme mit dem ganz offiziellen Anknüpfen an Wehrmachtstraditionen liegen weitgehend hinter der Bundeswehr“, sagte der SPD-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Heute gehe es allenfalls um „ärgerliche Devotionalienreste“.
Bartels zufolge sind viele Soldaten unglücklich über von der Leyens als unverhältnismäßig empfundene Kritik an der Bundeswehr. Viele seien auch sauer auf ihre Vorgesetzten, die der Ministerin nicht widersprochen hätten. Von der Leyen hatte der Truppe im Fall Franco A. Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen bescheinigt.
MAD: Weniger rechtsextreme Vorfälle
Laut der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zeigen Zahlen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) einen stetigen Rückgang rechtsextremistischer Fälle in der Bundeswehr in den vergangenen Jahren. So sei die Zahl festgestellter Rechtsextremisten um mehr als 90 Prozent zurückgegangen – von 47 im Jahre 2010 auf drei im vergangenen Jahr. Die Zahl der Personen mit Verdacht auf rechtsextremistische Einstellungen sei im selben Zeitraum von 172 auf 31 gesunken.