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Mai 26

„Gucci-Gang“: 13- und 14-Jährige Migranten begehen Hunderte Straftaten und treten Oma ins Koma

Die „Gucci-Gang“, ein loser Zusammenschluss krimineller Kinder und Jugendlicher sorgt in Wuppertal mit heftigen Straftaten für Schlagzeilen (Symbolbild)
©Photoshop / Picture Alliance, Monika Skolimowska
DPA

Zwei 14-Jährige sollen in Wuppertal einen 70-Jährigen durch Schläge und Tritte lebensgefährlich verletzt haben. Sie gehören der stadtbekannten „Gucci-Gang“ an, einer Gruppierung krimineller Kinder und Jugendlicher, für die die Behörden nach dem richtigen Mittel suchen.

Ein 70-Jähriger geht am Dienstagabend mitten in Wuppertal, in der Nähe des S-Bahnhofs Oberbarmen, vor seine Haustür. Sofort gehen mehrere Personen auf ihn los, schlagen und treten brutal auf den Mann ein. Zeugen beobachten die Attacke, halten einen der Angreifer fest und alarmieren die Polizei. Die übrigen vier bis fünf Beteiligten können fliehen. Eine Mordkommission ermittelt wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung. Das Opfer kommt schwer verletzt ins Krankenhaus. Einen halben Tag nach dem Angriff nehmen die Beamten einen weiteren Verdächtigen fest. Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft teilt anschließend mit: Der Deutsche und der Deutsch-Bulgare sind erst 14 Jahre alt und bereits polizeibekannte Intensivtäter.

Sie sollen einer losen Gruppe von Kindern und Jugendlichen angehören, die den Behörden in der 350.000-Einwohnerstadt schon seit gut einem Jahr erhebliche Sorgen bereitet – und gegen deren kriminellen Umtriebe die Polizei, Justiz und Jugendamt offenbar noch kein geeignetes Mittel gefunden haben.

„Gucci-Gang“ werden Hunderte Straftaten zugerechnet

Die Minderjährigen nennen ihre Clique „Gucci-Gang“. Klingt edel und nach Luxus, ist in Wahrheit aber das komplette Gegenteil. Benannt hat sich die Gruppe nach einem Songtitel des US-Rappers Lil Pump, wie die „Bild“-Zeitung berichtet. In dem Text des Musikers aus Florida geht es um verschwenderischen Reichtum.

Die Wuppertaler „Gucci-Gang“ ist allenfalls reich an krimineller Energie. Etwa 15 Kinder und Jugendliche seien ihr zuzurechnen, schätzt der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert im Gespräch mit dem stern. „Es handelt sich aber nicht um eine feste oder organisierte Bandenstruktur, sondern um einen losen Zusammenschluss. Die Minderjährigen begehen in wechselnden Konstellationen Straftaten, mal zu zweit, mal auch in einer größeren Gruppe.“

Inzwischen rechnen die Behörden der „Gucci-Gang“ hunderte Verstöße gegen das Gesetz zu. „Vom Ladendiebstahl über Drogendelikte bis hin zum Straßenraub“, berichtet Baumert. Mit der brutalen Attacke auf den 70-Jährigen sei dabei eine völlig neue Dimension erreicht.

Dass die Mitglieder der Gruppe immer wieder auffällig werden konnten, hat einen einfachen Grund, so der Oberstaatsanwalt – den Paragraphen 19 des Strafgesetzbuches: „Die Kinder machen sich zu Nutze, dass sie erst mit 14 Jahren strafmündig sind.“ Feierten sie ihren 14. Geburtstag, ließen die dann Jugendlichen oftmals von Straftaten ab.

Zu den beiden nun festgenommenen 14-Jährigen finden sich zum Beispiel insgesamt rund 200 Einträge in den Akten, teilt ein Polizeisprecher dem stern mit. Darunter seien zwar auch solche, die nicht mit Kriminalität in Zusammenhang stehen, etwa Vermisstenfahndungen. Aber: Auch sie sollen jeweils Dutzende Straftaten begangen haben, fast alle davon noch vor dem 14. Geburtstag. Die beiden Jugendlichen haben „eine unglaubliche Vergangenheit“, so Oberstaatsanwalt Baunert.

Polizei sind die Hände gebunden – hilft Sozialarbeit?

Einer der beiden wurde laut Anklagebehörde erst am 10. Mai zu einer Jugendstrafe von acht Monaten verurteilt, weil er einen Erzieher geschlagen hat – seine erste Straftat als 14-Jähriger. Er sei nach dem Urteil aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Seine Haftstrafe habe er noch nicht angetreten, weil das zuständige Amtsgericht die Strafe bislang nicht vollstreckt habe, erklärt Baumert. Nach dem Angriff auf den 70-Jährigen sitzt er jetzt zusammen mit seinem mutmaßlichen Komplizen wieder in Untersuchungshaft.

Die „Gucci-Gang“ ist zuletzt vor allem im Wuppertaler Stadtteil Barmen unterwegs. Nach Erkenntnissen der Behörden besuchen sie die Schule nur unregelmäßig und treffen sich stattdessen an unterschiedlichen Orten in der Stadt, hängen rum, konsumieren zum Teil Drogen – und begehen Straftaten. Es gelte als „cool“ zu der Gruppe zu gehören, zitiert der „Remscheider General-Anzeiger“ die Leiterin des Wuppertaler Jugendamtes. Die Clique sei ein Familienersatz.

„Die Kinder und Jugendlichen kommen aus allen sozialen Schichten: aus ärmeren Haushalten alleinerziehender Mütter genauso wie aus gut situierten, bürgerlichen Familien“, berichtet Oberstaatsanwalt Baumert. Es seien Deutsche und andere Staatsangehörige unter den „Gucci-Gang“-Anhängern.

Die Polizei hat im Grunde keine Möglichkeiten, gegen Täter unter 14 vorzugehen, sagt ein Sprecher. „Wir kennen die Gruppe und die Kollegen bestreifen die bekannten Treffpunkte regelmäßig.“ Werden die Gruppenmitglieder bei Straftaten verdächtigt, informiere die Polizei die Eltern und schalte das Jugendamt ein – mehr sei rechtlich nicht möglich.

Im Jugendamt habe man die Gruppe „schon länger auf dem Schirm“, wie eine Rathaussprecherin auf stern-Anfrage sagt. „Zwei Sozialarbeiter der Diakonie versuchen gezielt, Kontakt zu der Gruppe aufzubauen.“ Durch die „aufsuchende Sozialarbeit“ sei es in den vergangen Monaten gelungen, dass sich bereits zwei Minderjährige von der „Gucci-Gang“ abgewendet hätten. Die Rathaussprecherin räumt allerdings auch ein: „Eine schnelle Lösung für das Problem gibt es nicht.“

Inwiefern die Eltern der straffälligen Kinder und Jugendlichen mit dem Amt kooperieren und ob es zum Beispiel Bemühungen gab, ihnen das Sorgerecht zu entziehen und die Minderjährigen anderweitig unterzubringen, konnte die Sprecherin nicht sagen. Sie verwies auf den Sozialdezernenten der Stadt Wuppertal. Dieser war am Freitagnachmittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Kinder- und Jugendkriminalität in Wuppertal konstant

Trotz des Auftretens der „Gucci-Gang“ vor rund einem Jahr: Die Anzahl der als tatverdächtig erfassten Kinder und Jugendlichen im Wuppertaler Stadtgebiet ist in den vergangenen Jahren laut Polizeilicher Kriminalitätsstatistik weitgehend konstant. Den größten Teil der Fälle machen dabei jeweils Diebstähle und sogenannte Rohheitsdelikte (Körperverletzungs-, Raub- und Freiheitsdelikte) aus.

WUPPERTAL Tatverdächtige Kinder unter 14 Tatverdächtige Jugendliche 14 bis unter 18 Tatverdächtige Kinder und Jugendliche gesamt
Anzahl Straftaten 2018 534 1171 1705
Anzahl Straftaten 2017 489 1168 1657
Anzahl Straftaten 2016 469 1217 1686
Anzahl Straftaten 2015 488 1202 1690
Anzahl Straftaten 2014 398 1291 1689

Das Opfer des Angriffs vom Dienstagabend liegt weiterhin auf der Intensivstation im Krankenhaus, der Mann schwebt in Lebensgefahr. Nach stern-Informationen wird sein Zustand als „äußerst kritisch“ beschrieben. Sollte er die Tat überleben, werde er demnach bleibende Schäden davontragen.


Staatsanwaltschaft und Polizei in Wuppertal suchen weiterhin Zeugen der Prügelattacke. Sie werden gebeten, sich unter der Telefonnummer (0202) 2840 zu melden.

Quellen: Staatsanwaltschaft Wuppertal, „Bild“, „Remscheider General-Anzeiger“ (kostenpflichtiger Inhalt), Strafgesetzbuch, Polizeiliche Kriminalitätsstatistiken Wuppertal, Nachrichtenagentur DPA, Stern

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