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Kiel (dpa/lno) – Nach einem Streit im Flüchtlingsheim Boostedt hat ein 21-jähriger Somalier Anfang Oktober 2018 auf einen Landsmann eingestochen. Das Opfer wurde lebensbedrohlich verletzt. Wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilte das Kieler Landgericht den Angeklagten am Donnerstag zu zwei Jahren Haft und setzte die Jugendstrafe nicht zur Bewährung aus. Die Anklage lautete auf versuchten Mord.
Nach Ansicht der Kammer lag bei der Tat auch das Mordmerkmal der Heimtücke vor. Das Opfer sei zum Zeitpunkt des Angriffs arg- und wehrlos gewesen. Doch habe der Angeklagte von seinem Opfer abgelassen, als der 32-Jährige – gefolgt vom Angeklagten – zur nahe gelegenen Polizeistation ging. Das sei zu seinen Gunsten zu werten.
Der junge Mann, der im Alter von 16 Jahren allein aus Somalia floh, leide an einer post-traumatischen Belastungsstörung und habe erhebliche Erziehungsdefizite, sagte der Vorsitzende. Sie ließen weitere schwere Straftaten befürchten. Der Haftbefehl bleibe deshalb bestehen. Der Verteidiger hatte eine Bewährungsstrafe, der Staatsanwalt drei Jahre Jugendstrafe gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die Frist beträgt eine Woche, um Rechtsmittel einzulegen.
Für den Angeklagten sei eine Haft besonders schwer zu ertragen, merkte der Kammervorsitzende bei der Urteilsverkündung an. Er spreche kein Deutsch, habe keine sozialen Bindungen und keine schulische oder berufliche Perspektive. Zudem sei fraglich, inwieweit für ihn „in Deutschland erziehungsrechtliche Maßnahmen möglich und erfolgreich sind“. Nach Angaben des Staatsanwalts kam der Somalier über Umwege spätestens im Mai 2015 das erste Mal nach Deutschland. Er reiste demnach zunächst nach Schweden weiter. Zurück in Deutschland sei er mehrfach in jugendpsychiatrischer Behandlung gewesen.