Berlin – Auf dem Heimweg von einem Treffen mit Freundinnen begegnete Susanne Fontaine (60) am späten Abend des 5. September 2017 ihrem Killer. Passanten fanden die tote Frau Tage später in einem Gebüsch des Berliner Tiergarten. Jetzt, knapp sieben Monate nach dem gewaltsamen Tod, steht der mutmaßliche Mörder Ilyas A. (18) seit Mittwochmorgen vor dem Landgericht. Zum Auftakt verweigerte er die Aussage.
Der abgelehnte Asylbewerber aus Tschetschenien soll die Kunsthistorikerin auf ihrem Heimweg attackiert, erwürgt und ausgeraubt haben. Der 18-Jährige ohne festen Wohnsitz in Deutschland soll mit dem Handy seines Opfers und mindestens zwei Euro geflohen sein.
►Die Anklage lautet auf heimtückischen Mord aus Habgier und Verdeckungsabsicht.
Der Ehemann des Opfers, Klaus Rasch, ist im Prozess Nebenkläger. Er betrat am Mittwochmorgen schweigend den Gerichtssaal. Im BILD-Gespräch in der Prozesspause sagte Rasch, dass vieles für die Schuld des Angeklagten spreche, er ihn aber nicht „per se als Schuldigen bezeichnen“ würde.
Der Witwer sagte mit zittriger Stimme: „Ich bin mit dem Gefühl und der Erwartung in diesen Prozess gegangen, endlich die Wahrheit zu erfahren“. Er habe sich gewünscht, eine Regung beim Angeklagten erkennen zu können. Aber: „Ich hatte eher den Eindruck, dass ihm der ganze Prozess nicht sonderlich nahe geht“. Auch auf die BILD-Reporter wirkte der Angeklagte ruhig und entspannt.
Trotz der permanenten Versuche des Witwers hätte der 18-Jährige ihm nicht in die Augen gesehen.
Die Tat im Berliner Tiergarten
Susanne Fontaine war am 5. September 2017 nach einem Treffen mit Freundinnen im Lokal „Schleusenkrug“ allein zu Fuß Richtung Bahnhof Zoo aufgebrochen. Nur rund 50 Meter vom Bahnhof entfernt, schlich sich ein Mann an sie heran. Es soll sich um Ilyas A. handeln. Mehrfach einschlägig vorbestraft. Und illegal in Deutschland.
►Laut Anklage packte der mutmaßliche Mörder die 60-Jährige unvermittelt von hinten, stieß sie nieder. Dann soll er ihren Kopf genommen und ihn mehrfach auf den gepflasterten Boden geschlagen haben. Laut Staatsanwaltschaft hockte er dabei auf dem Rücken der 1,63 Meter großen Frau. Susanne Fontaines Rippen brachen.
Zeugen wollen Schreie gehört haben. Sie waren sich aber nicht sicher, ob diese vielleicht von Tieren aus dem nahen Zoo stammten – und unternahmen nichts.
Anschließend soll der Killer sein Opfer in den Schwitzkasten genommen haben, Susanne Fontaine erstickte dabei qualvoll.
Ilyas A., 1,70 Meter groß und Kampfsportler, soll die leblose Frau dann ins Unterholz gezogen haben. Etwa sechs Meter vom Weg entfernt, unter einem großen Busch, wurde Susanne Fontaines Leiche zweieinhalb Tage später von zwei Passanten gefunden.
Verteidigungslinie: Leiche gefunden und durchsucht
Aus einer zu Prozessbeginn am Mittwoch verlesenen früheren Stellungnahme des 18-Jährigen ging hervor, dass er die Vorwürfe bestritten hatte. Er habe den Leichnam der Frau gefunden, nach Wertsachen durchsucht und das Handy der Toten sowie etwas Kleingeld an sich genommen, hatte der Angeklagte vor drei Wochen bei einem Haftprüfungstermin am 7. März erklärt.
In der Erklärung damals hieß es weiter, er sei zur Tatzeit in einem Internetcafé gewesen und habe erhebliche Mengen Alkohol konsumiert. Am frühen Morgen nach 5 Uhr habe er den Tiergarten durchquert und in einem Gebüsch einen Körper entdeckt. Als ihm klar geworden sei, dass es sich um eine Leiche handelte, habe er „Panik” bekommen. Später habe er aus Angst, mit der Toten in Verbindung gebracht zu werden, Berlin verlassen.
Der Schwager des Angeklagten sagte hingegen in BILD, A. hätte zugegeben, die Frau angegriffen zu haben, er habe sie aber nicht getötet.
A. war eine Woche nach dem Verbrechen in Polen in der Nähe von Warschau festgenommen worden. Auf die Schliche kamen die Fahnder dem Tschetschenen, weil sie Susanne Fontaines Handy nach der Tat in einer der polnischen Stadt Pruszkow orten konnten. Ilyas A. war dort in der Wohnung seiner Schwester Fatima (21) zu Gast.
Außerdem wurde eine DNA-Spur vom linken Handrücken und einem Finger der Ermordeten eindeutig Ilyas A. zugeordnet.
Die Gewalttat hatte auch eine erneute Debatte über den Umgang mit ausländischen Kriminellen ausgelöst, die eigentlich ausreisen müssten, aber nicht abgeschoben werden, so wie Ilyas A.
Witwer Rasch sagte am Mittwoch: „Es wäre am einfachsten gewesen, wenn man ihn unmittelbar nach seiner Haftentlassung in Abschiebehaft genommen hätte. Dann wäre das nicht passiert. (…) Meine Frau ist tot, weil die Behörden versagt haben.“
Für den Prozess vor einer Jugendstrafkammer sind bis Mitte Juni elf Verhandlungstage vorgesehen. Wenn Ilyas A. nach Jugendstrafrecht verurteilt wird, drohen ihm maximal 15 Jahre Haft.