
Ein Mann kauft am helllichten Tag Drogen bei einem Dealer.
Foto: Eric Richard
Mit einer neuen Idee für den Görlitzer
Park macht Kreuzberg von sich reden. Die Dealer bekommen jetzt
Standplätze zugewiesen, damit sich die vorbeilaufenden Parkbesucher
nicht bedrängt fühlen.
Der
vom Bezirk eingesetzte Parkmanager hat am Eingang und im Park mit rosa
Farbe Rechtecke auf den Boden gesprüht. Diese Stellen markieren, wo die
Rauschgifthändler stehen sollen. „Das ist keine Legalisierung des
Verkaufs“, sagte Parkmanager Cengiz Demirci der RBB-Abendschau. „Die
Menschen sollen nicht an einem Spalier von Dealern vorbei gehen“, sagte
Demirci.

Seit zwei Jahren sind sogenannte Parkläufer im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg in der Grünanlage unterwegs. Sie sind Ansprechpartner für die Dealer und sollen allen ein friedliches Nebeneinander ermöglichen und die Dealer eventuell in ehrliche Arbeit zu vermitteln.
April: 39 Polizeieinsätze im Görlitzer Park
Allerdings werden auch auf diese Weise weder der Bezirk noch die Polizei des Drogenproblems Herr. Eine Null-Toleranz-Strategie des früheren CDU-Innensenators fand ihr Ende mit dessen Abwahl 2016. Von den regelmäßigen Polizeikontrollen – im April gab es 39 – lassen sich die Dealer, überwiegend Flüchtlinge aus Afrika, nicht beeindrucken.
Nach
internen Polizeiunterlagen, die der Berliner Zeitung vorliegen, geht
die zwischenzeitlich gesunkene Zahl der mit dem Drogenhandel verbundenen
Straftaten im Görlitzer Park wieder hoch. Demnach erfasste die Polizei
im vergangenen Jahr 182 Körperverletzungen – das sind 36 mehr als im
Jahr 2017. Auch bei Raubtaten gibt es eine steigende Tendenz.
Die Idee mit den Zonen stößt auf heftige Kritik
Umso
mehr stößt die Idee des Parkmanagers für den Umgang mit den
Rauschgiftverkäufern auf heftige Kritik. Von Kapitulation vor den
Dealern ist allenthalben die Rede.

Wer mit Drogen handelt, begehe
eine Straftat, sagt Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei
(GdP). „Die politisch Verantwortlichen müssen langsam aber sicher
entscheiden, was für einen Park sie wollen. Wenn er Drogen- und damit
Kriminalitätsfrei werden soll, braucht es dauerhaften polizeilichen
Druck, juristische Entschlossenheit und politische Rückendeckung. Wenn
man Kriminelle als Nutzer des Parks neben spielenden Kindern integrieren
möchte, sind rosafarbene Striche zur genauen Positionierung, um
Cannabis, Heroin und andere Drogen zu verticken, sicher eine gute
Beihilfe.“
Von juristischer
Entschlossenheit, wie von der GdP gewünscht, ist nach Angaben von
Fahndern jedoch keine Rede. „Es gibt nicht mal einen Haftbefehl, wenn
Dealer mit 20 oder 30 Gramm Cannabis erwischt werden“, sagt ein
Polizist.
„Das Bezirksamt unterstützt den Drogenhandel im Görlitzer Park“
Drastische Worte kommen auch von der CDU. „Die Standflächen-Zuweisung für Drogendealer im Görli durch den Parkmanager ist eine Einladung zum Rechtsbruch und ein Verrat der Anwohner-Interessen des Grünen-Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Burkard Dregger. „Mit der Zuweisungs-Praxis wandelt das Bezirksamt den Görlitzer Park jetzt offiziell in einen Drogenmarkt um. Es unterstützt den Drogenhandel der organisierten Kriminalität.“ Das müsse strafrechtliche und politische Folgen haben.
Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt
Wansner erklärte: „Es ist völlig absurd und nicht hinnehmbar, wenn der
Bezirk nunmehr selbst auf diese Weise mit seinen Parkmanagern den
Drogenverkauf und den Konsum im Görlitzer Park fördert. Damit ignoriert
er den Gesundheitsschutz und torpediert alle Bemühungen, das
Drogenproblem dort in den Griff zu bekommen.“
Der
FDP-Politiker Marcel Luthe befindet: „Einmal mehr offenbart sich die
Farce, wenn dieser Senat von der Bekämpfung der Organisierten
Kriminalität spricht, aber gleichzeitig die bekannte Geldquelle der
Clans in einem öffentlichen Park wissentlich duldet.“ Wer Organisierte
Kriminalität wirksam bekämpfen wolle, müsse ihre finanzielle Macht
brechen – und diese liege auch im offenen Drogenhandel.
Ausweitung vom Görlitzer Park bis in den Wrangelkiez
Das
Bezirksamt wusste nach eigenen Angaben nichts von der Idee seines
Parkmanagers. „So lange Konsumenten und Kunden in den Park kommen, wird
es auch Verkäufer geben“, sagt Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). „Den
Drogenverkauf können wir als Kommune nicht eindämmen. Er wird also
höchstens in andere Gegenden verdrängt. Im Görlitzer Park müssen wir mit
den bestehenden Realitäten umgehen. Kriminalitätsbekämpfung ist Aufgabe
der Polizei.“
Seit Jahren ist der Görlitzer Park eine bei Partygängern und Touristen international bekannte Adresse, weil bekannt ist, dass man dort Marihuana, Cannabis und inzwischen auch harte Drogen wie Crystal Meth und Heroin kaufen kann. Allerdings machen sich Dealer offenbar auch in den benachbarten Straßen breit. Polizisten berichten davon, dass sich die Dealerszene inzwischen in den angrenzenden Wrangelkiez ausgedehnt habe.
Mehr Körperverletzungen
Der Görlitzer Park ist laut Polizei ein „kriminalitätsbelasteter Ort. Einer internen Auswertung zufolge erfasste die Polizei dort 182 Körperverletzungen – 35 mehr als 2017. Seit Jahresbeginn gab es bis 6. Mai 57 Körperverletzungen – sechs mehr als im Vergleichszeitraum 2018.Die Zahl gefährlicher und schwerer Körperverletzungen (etwa mit Messern) summierte sich von Januar bis 6. Mai auf 27 – das sind neun mehr als im Vergleichszeitraum 2018. Von Januar bis 6. Mai wurden 17 Raubtaten e registriert. 2018 waren es 55 und 2017 nur 30.
Die Polizei war von Januar bis 6. Mai 118 Mal im „Görli“ im Einsatz, überprüfte 978 Personen und verwies 625 Personen des Parks und stellte 150 Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz fest. Bei den Einsätzen wurden 13 Beamte angegriffen, von denen acht verletzt wurden.