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Jan 23

Wollte die Landesaufnahmebehörde Asyl-Betrug vertuschen?

Am Braunschweiger LAB-Standort können sich Asylbewerber registrieren lassen. Manche haben das gleich mehrfach versucht. Foto: Stratenschulte/dpa

Braunschweig: Frühere Mitarbeiterin erhebt Vorwürfe im NDR. Kripo-Chef Küch sagt unserer Zeitung: „Ich verstehe nicht, warum die Polizei nicht informiert wird.“

Sollten Asylbewerber ungestraft Sozialbetrug begehen können? Hat die Landesaufnahmebehörde (LAB) in Braunschweig versucht, mehrfache Registrierungen von Asylbewerbern zu vertuschen? Hat sie entsprechende Recherchen ihrer Mitarbeiter unter den Teppich kehren wollen? In einem NDR-Fernsehbeitrag von „Hallo Niedersachsen“ am gestrigen Sonntagabend erhebt eine ehemalige Mitarbeiterin entsprechende Vorwürfe gegen ihre direkten Vorgesetzten.

Obwohl die Chefs davon gewusst hätten, dass sich einige Asylbewerber mehrfach unter wechselnden Namen hätten registrieren lassen und somit auch mehrfach staatliches Geld bezogen hätten, seien die Fälle von der Behörde nicht der Polizei gemeldet worden. Vielmehr sei sie sogar angewiesen worden, die mit ihren Kollegen unter großer Mühe erstellten Akten in den Keller zu tragen. Leiter des Standorts Braunschweig ist seit Dezember 2015 Michael Lewin; vertreten wird er von Christine Möricke-Abifade.

Braunschweigs Kripo-Chef Ulf Küch bestätigte gestern unserer Zeitung, dass die Akten nicht selbstständig von der Landesaufnahmebehörde an die Polizei übergeben worden seien.

Küch erklärte, die Soko Zerm (Zentrale Ermittlungen) habe ihn um Hilfe gebeten, nachdem sie bei der LAB nicht weitergekommen sei, und auch er habe zunächst mehrfach erfolglos bei der Behörde nachgehakt. Rückrufe habe es nicht gegeben. Irgendwann sei ihm fast der Kragen geplatzt. „Schließlich steht dieses Verhalten im krassen Widerspruch zu dem Versprechen der Polizei an die Bürger, alle Ungereimten im Zusammenhang mit Asyl-Kriminalität aufzudecken.“

Erst nach einem Anruf bei Susanne Graf, der damaligen Leiterin aller niedersächsischen Landesaufnahmebehörden für Flüchtlinge, die er schließlich im Urlaub erreicht habe, seien die Akten von der LAB überstellt worden.“

In der Tat verstehe er nicht, sagte Küch der BZ weiter, warum die Polizei nicht gleich informiert worden sei. „Ich habe festgestellt, dass sich Sozialbehörden manchmal schwertun, uns Informationen zu geben. Sie verweisen dann meist auf den Datenschutz.“ Ein Verhalten, das Küch nicht nachvollziehen kann. „Es handelt sich bei der Mehrfachregistrierung um eine Straftat. Dem Steuerzahler entsteht mit dem Sozialbetrug schließlich schwerer Schaden.“

Erst jüngst hatte die Braunschweiger Soko mitgeteilt, dass sie auf mindestens 300 Fälle von mutmaßlichem Sozialbetrug gestoßen sei (wir berichteten). Dem Land sei dadurch ein Schaden in Millionenhöhe entstanden. Die Polizei ist immer noch damit beschäftigt, die Altfälle aufzuarbeiten und mühselig Identitäten zuzuordnen.

Laut dem Beitrag in „Hallo Niedersachsen“ habe die Mitarbeiterin, die Nadja N. genannt wird, der Polizei den entscheidenden Tipp für die Ermittlungen gegeben. Den Kollegen und ihr sei in detektivischem Spürsinn aufgefallen, dass manche Männer in leicht veränderter Optik – mal mit Bart, mal ohne, mal mit Brille, mal ohne – sich unter verschiedenen Namen für Asylanträge hätten registrieren lassen.

Kripochef Küch wird vom NDR zitiert mit den Worten: „Das ist das A und O gewesen. Die Polizei hätte das gar nicht mitbekommen.“ Was innerhalb der LAB passiere, wisse die Polizei schließlich nicht.

Die Sprecherin der LAB war gestern Abend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der NDR hatte berichtet, dass die Leitung ein Interview abgelehnt habe. Schriftlich habe sie mitgeteilt: „Bei Sichtung dieser Unterlagen erschien zweifelhaft, dass auf dieser Datengrundlage eine Mehrfachidentität verifiziert werden könne.“

Nadja N. gab in der TV-Sendung an, ihr sei nach ihrem selbstständigen Gang zur Polizei Vertrauensmissbrauch vorgeworfen worden. Der NDR zitiert die Landesaufnahmebehörde wie folgt: „Das Tätigwerden der Mitarbeiterin erfolgte eigeninitiativ und ohne vorherige Abstimmung mit dem Dienstvorgesetzten, welches grundsätzlich erfolgen muss.“

Ulf Küch sieht das anders. Er wertet es als Bürgerpflicht, die Polizei über solch strafbare Vorgänge zu informieren.

Der Vertrag der Leiharbeiterin Nadja N. sei nicht verlängert worden, so der NDR.

Quelle

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