Zwei Asylbewerber aus Gambia sind vor dem Landgericht Hechingen wegen Vergewaltigung angeklagt. Die beiden 26 Jahre alten Männer sollen eine 23-jährige Frau in der Sigmaringer Gemeinschaftsunterkunft an der Zeppelinstraße im September vergangenen Jahres mehrfach gegen ihren Willen zum Sex gezwungen haben.
Die Frau erkannte die beiden Männer am Mittwoch vor dem Landgericht wieder und belastete sie. Die Männer wiesen die Vorwürfe zurück: Der eine Angeklagte sagte, dass die zwei Männer und die Frau einvernehmlich im Bett gelandet seien. Der zweite Angeklagte bestritt, dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen sei.
Was hat sich in Zimmer 5 des Fürstenhofs in der Nacht zum 26. September zugetragen? Als das 23-jährige mutmaßliche Opfer den Verlauf des Abends beschreibt, stellt der Vorsitzende Richter bewusst keine Fragen mehr. Hannes Breucker will die Frau jetzt nicht mehr unterbrechen. „Diesen einen Satz vergesse ich seither nicht mehr: Wir möchten nur mit dir schlafen und bringen dich anschließend zurück an den Bahnhof“, soll der Angeklagte S. auf Englisch und in weniger freundlichen Worten zu ihr gesagt haben. Am Bahnhof trifft die Frau den 26-jährigen Flüchtling zufällig, als sie ihren Freund abholen will. Die beiden kennen sich flüchtig. Ihr ist kalt und ihr Handyakku beinahe leer. S. habe deshalb vorgeschlagen, zu ihm in das Asylbewerberheim Fürstenhof zu gehen. „Ich habe mir nichts dabei gedacht“, sagte die Frau aus einer Umlandgemeinde, denn S. habe keine Andeutungen gemacht. Wie vor Gericht deutlich wird, hat sie keinen Beruf erlernt und zwei Kinder von zwei Männern. Ihr Sohn lebt bei einer Pflegefamilie, ihre Tochter beim Vater. Aktuell lebt die Frau in Scheidung und ihr Freund sitzt wegen einer Drogengeschichte im Gefängnis.
Im seinem Zimmer im Fürstenhof bietet S. der Frau Pfefferminzschnaps an. „Ich dachte mir nichts Schlimmes“, sagt sie. Erst als der Ton aggressiver wird, der Mann die Tür zuschließt und den Schlüssel in seine Hosentasche packt, bekommt sie Angst. Sie habe sich vor ihm niedergekniet und ihn angebettelt, dass er sie gehen lassen solle. „Doch S. hat nur gelacht.“ Und soll sie zum Ausziehen aufgefordert haben.
Die Frau ringt nach Worten
Als sie auf die Details der mutmaßlichen Vergewaltigung zu sprechen kommt, ringt sie nach Worten. Einige Sekunden lang ist es im Gerichtssaal total still. „Er hat mich angefasst, mir seine Zunge in den Hals gesteckt.“ Nach dem ersten Beischlaf habe S. gesagt, dass nun sein Freund an der Reihe sei. Den Hauptbeschuldigten nennt die Frau mit Namen, sein Zimmerkollege ist für sie nur der andere. Teilnahmslos habe er auf dem Bett gelegen und mit dem Handy gespielt.
„Ich möchte das jetzt nicht schönreden, aber der andere war menschlicher als S. Er hat mich nicht so grob angefasst.“ Die Frau bittet um eine Pause, hält ihre zitternden Hände vors Gesicht und verlässt den Gerichtssaal.
„Das war alles einvernehmlich“
Nach „dem anderen“ soll der Hauptangeklagte sie erneut vergewaltigt haben. Sie habe ihm Schnaps zu trinken gegeben, um ihn betrunken zu machen, doch dies habe nichts genutzt. Als er ins Bad geht, ergreift sie die Flucht. Ohne Hose und Schuhe versteckt sie sich hinter einem Müllcontainer und irrt durch die Stadt. Am nächsten Morgen, als sie ihrem Freund von den Geschehnissen erzählt, gehen die beiden zur Polizei.
Über seinen Anwalt lässt der Angeklagte S. mitteilen, dass er zwei- bis dreimal mit Kondom mit der Frau geschlafen habe. „Das war alles einvernehmlich“, sagt der Jurist. Sein Zimmernachbar K. habe jedoch kein Kondom verwendet. Der Mitangeklagte K. äußert sich über seine Dolmetscherin: Er kenne die Frau überhaupt nicht und habe auch nicht mit ihr geschlafen. Der Mann räumt ein, dass er in dem Zimmer gewesen ist, das er sich mit S. teilt. „Ich war müde und wollte schlafen. Als sich die Frau auf meinen Bauch setzte, habe ich sie weggestoßen.“ Danach will er das Zimmer verlassen haben.
Weiterer Vorfall im Prinzengarten
Das Landgericht muss nun herausfinden, welchen der drei Schilderungen es Glauben schenkt. Unstrittig ist, dass der Angeklagte S. größere Mengen Alkohol getrunken hatte. In einem Protokoll der Polizei, das nach einer Kontrolle am frühen Abend am Prinzengarten entstand, ist von einem Promille Atemalkohol die Rede. Der Angeklagte S. wird außerdem beschuldigt, einer 14-Jährigen einen Monat zuvor beim Bahnhof an den Po gefasst zu haben. Dabei soll er seine Hose ausgezogen haben. Da die Zeugin am Mittwoch die Verhandlung unentschuldigt schwänzte, blieben die näheren Umstände unklar. Wegen Drogenhandel saß der Mann außerdem bereits im Gefängnis. Gegen seinen abgelehnten Asylantrag klagt er mithilfe eines Freiburger Vereins.
Der Prozess wird am 11. April fortgesetzt. Die Planung des Landgerichts sieht noch drei weitere Termine vor. Unter anderem stellt ein Psychiater sein Gutachten vor.