In Berlin sind derzeit nach Informationen der RBB-„Abendschau“ rund 100 sogenannte Kinderehen registriert, bei denen wenigstens ein Partner – in der Regel die Frau – minderjährig ist. Diese Frauen würden von den Jugendämtern betreut, hieß es in dem am Dienstag ausgestrahlten Beitrag.
Das Problem hat vor allem mit dem Flüchtlingszustrom die Bundesrepublik und damit auch Berlin erreicht. Teilweise werden laut RBB in den Herkunftsländern schon zwölfjährige Mädchen mit älteren Männern verheiratet.
Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) fordert deshalb ein strengeres Gesetz gegen Kinderehen, gleichzeitig aber auch mehr Spielraum für Gerichte, um in begründeten Fällen Ausnahmen zuzulassen. „Insgesamt macht die Entwicklung aber eindeutig Sorgen“, sagte Heilmann im RBB-Interview.
SPD für strikte Nicht-Anerkennung
Der Rechtsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, ist dagegen für eine strikte Nicht-Anerkennung von im Ausland geschlossenen Kinderehen. Es müsse klargestellt werden, dass solche Ehen mit Minderjährigen in Deutschland nicht anerkannt würden, sagte Fechner am Dienstag in Berlin. Kinder, die im Ausland verheiratet worden seien, sollten in Deutschland die Möglichkeit erhalten, diese Ehen aufheben zu lassen.
Auch Paula Honkanen-Schoberth vom Deutschen Kinderschutzbund warnt vor den Risiken von Kinderehen. In diesen könne es leicht zu einer Schwangerschaft kommen. „Das ist für die Gesundheit der Mütter und die Gesundheit der Kinder ein Risiko“, erklärte Honkanen-Schoberth.
Ein weiterer Nachteil sei, dass die jungen Ehefrauen häufig aufhörten, in die Schule zu gehen. „Dann haben sie keine Berufsperspektive oder Ausbildungsperspektive und sind dadurch vollkommen abhängig von ihren Ehemännern“, sagte Honkanen-Schoberth dem RBB.
Wenige Ausnahmefälle
In Deutschland dürfen Ehen grundsätzlich erst mit der Volljährigkeit geschlossen werden, nur in Ausnahmefällen schon mit 16 Jahren. Das Oberlandesgericht Bamberg hatte im Mai aber die Ehe einer Syrerin, die im Alter von 14 mit einem Cousin verheiratet worden war, als wirksam anerkannt. Ehen Jugendlicher werden dem RBB-Bericht zufolge in Berlin generell nicht anerkannt. Einzig für Ehen, bei denen bereits Kinder da sind, gibt es eine Ausnahmeregelung.
Auch in Sachsen-Anhalt hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr die Zahl der Kinderehen erhöht. Das berichtet die „Mitteldeutsche Zeitung“. Laut Landesverwaltungsamt gebe es derzeit 30 Flüchtlingsehepaare, bei denen entweder der Partner oder die Partnerin unter 18 Jahren alt ist, berichtet das Blatt am Mittwoch. Die meisten der Ehen werden dem SOS-Kinderdorf zufolge ohne Einwilligung der Minderjährigen geschlossen. Deutschlandweit soll es rund 1.000 Kinderehen geben.