Backnang/Stuttgart. „Ich war es nicht“, soll Constantin C. zu Dr. Peter Winckler gesagt haben. Der 46-jährige Rumäne sei überzeugt, dass jemand anderes der Täter sei. Der fünfte Verhandlungstag um den Mord in der Backnanger Asien-Perle offenbarte erstmals die Strategie der Verteidigung.
Beide Angeklagten, Constantin C. und der 42-jährige Dumitru A., hatten sich im August dieses Jahres in Einzelgesprächen mit dem psychiatrischen Gutachter zur Nacht vom 3. auf den 4. März 2016 geäußert. Dieser sagte vor Gericht aus und schilderte die Geschichte der Rumänen. Die Männer, die aus dem gleichen Dorf im Nordosten Rumäniens stammen, seien in Finanznot gewesen. Ein Auftraggeber habe den beiden im Trockenbau beschäftigten Männern ihren Lohn für drei Monate Arbeit nicht bezahlt. Spontan sei Dumitru A. an besagtem Abend deshalb auf die Idee gekommen, in die Asien-Perle einzubrechen. Aus einer vorangegangen Tätigkeit dort, die der Angeklagte gestern erneut bekräftigte, habe er sich im Restaurant ausgekannt.
Über die Besitzerin der Asien-Perle wusste der Rumäne nichts Gutes zu sagen. „Es war ein Desaster dort.“ Wu habe sich um die Bezahlung drücken wollen, Angestellte hätten nur Hungerlöhne bekommen und zu essen habe sie ihnen die Reste der Gäste gegeben. „Niemand hat sie ertragen, alle waren ihr feindlich gesinnt“, behauptete er und sprach sich dabei in Rage. Im Gespräch mit dem Facharzt für Psychiatrie habe er dann gesagt, dass Aie Wu dubiose Geschäfte getätigt habe und er deswegen sicher gewesen sei, dass sie größere Geldsummen in der Asien-Perle aufbewahrte. Und da sie ihm noch Geld geschuldet habe, sei er auf die Idee gekommen, sich dieses auf eigene Faust zu holen. Die Tür sei unverschlossen gewesen, so seien sie ungehindert in das bereits abgedunkelte Restaurant gelangt und hätten zunächst den Thekenbereich abgesucht. Dann aber hätten die Männer von hinten die Rufe einer weiblichen Stimme gehört. Es sei Aie Wu gewesen, die sich in den Toilettenräumen die Zähne geputzt habe. „Wer ist da?“, soll sie nach den Worten Dumitru A.s gerufen haben. In der Folge seien die Rumänen auf sie zugegangen. Dumitru A. gab an, er habe sie in den Raum zurück geschubst, Constantin C. will Wus Mund zugehalten haben um sie am schreien zu hindern.
Bisschen Gegenwehr geleistet
Von seiner Arbeit in der Asien-Perle habe er noch gewusst, wo das Klebeband, das er fürs Teppichlegen benutzt hatte, verstaut worden war, sagt A. Jenes Klebeband habe er geholt, gemeinsam hätten beide die 53-jährige Chinesin gefesselt und geknebelt. Auf dem Klebeband wurde die DNA beider Männer gefunden. Ob sich die Frau nicht gewehrt habe, hatte der Gutachter die Männer gefragt. Anfangs habe sie „ein bisschen“ Gegenwehr geleistet, dann nicht mehr. Dumitru A., der sich in den Räumlichkeiten der Asien-Perle auskannte, sei dann losgegangen, um Aie Wus Privaträume nach Geld abzusuchen. Constantin C. habe währenddessen auf die Restaurantbesitzerin aufpassen sollen.
Weit gekommen sei A. mit seiner Suche jedoch nicht, bevor er auf einmal lautes Reden von mindestens zwei männlichen Stimmen vernommen habe. Vor Schreck habe er die Suche abgebrochen und sei zu C. zurückgerannt. Die 250 Euro, die er angeblich aus Wus Büro mitnahm, habe er auf dem Weg zur Tür verloren. Dass Constantin C. in der Zwischenzeit die Inhaberin des Restaurants getötet haben könnte, kann sich Dumitru A. nicht vorstellen. C. gab an, er habe im Flur gewartet, als auch er Stimmen vernommen habe. Es seien Männer gewesen, die aber seines Erachtens nicht Chinesisch, sondern Deutsch mit Akzent gesprochen hätten. Dann sei Dumitru A. auf ihn zugerannt und beide wären geflohen. Vom Tod Wus hätten sie erst am nächsten Tag erfahren.
„Sie hatte tausend Feinde“
Gegenüber Winckler habe Dumitru A. gesagt, Aie Wu sei geldgierig gewesen und sei mit ihren Angestellten ausbeuterisch umgegangen. „Sie hatte tausend Feinde“, habe A. gesagt. Er und Constantin C. hätten eisern an der Behauptung festgehalten, nicht Schuld an Aie Wus Tod gewesen zu sein. Neben der DNA der beiden Angeklagten wurde am Tatort eine weitere DNA-Spur einer bisher unbekannten Person sichergestellt. Der psychiatrische Gutachter schilderte neben den Aussagen der beiden Angeklagten auch seine persönlichen Eindrücke von den Gesprächen. Er sei vor allem überrascht gewesen, dass sie zum Tathergang überhaupt etwas sagten. „Ich hätte ein Monatsgehalt darauf verwettet, dass er sich nicht dazu äußert“, sagte Winckler über Dumitru A. Bei Constantin C. sei er sich sogar noch sicherer gewesen. Doch sie sprachen mit ihm. Beide Gespräche habe er als sehr angenehm empfunden, sagt der Psychiater. Die Interaktion mit dem 42-jährigen A. sei ausgesprochen freundlich gewesen, „ein problemloses Gespräch“. Den 46-jährigen C. habe er als „eindrückliche Person im positiven Sinne“ wahrgenommen – intelligent und geistig sehr präsent. Angenehme Zeitgenossen? Zweifelhaft. Denn beide Männer haben schon mehrjährige Haftstrafen abgesessen – in Teilen sogar zeitgleich und in der gleichen Haftanstalt. A. behauptete, die Verbrechen seien ihm angehängt, ein Geständnis unter Folter aus ihm herausgepresst worden. C. hat laut Winckler 14 Jahre einer 17-jährigen Haftstrafe wegen Vergewaltigung und Körperverletzung mit Todesfolge abgesessen. Der Psychiater ließ anklingen, dass auch C. sich der Tat nicht schuldig bekannt hatte.